Der Think Tank für Digitale Ethik

Trägt dieser Roboter zu mehr Menschlichkeit bei?

Mir läuft es kalt den Rücken herunter. NEIN, mit «Menschlichkeit» hat das nichts zu tun. Für den Einsatz von Robotern in Altersheimen braucht es eine durchdachte Idee und ein liebevolles Design. Beides fehlt mir hier.

Zum Glück sind solche Roboter in Schweizer Altersheimen nicht vermehrt im Einsatz, wie es in dieser Schlagzeile suggeriert wird. Es gibt ab und zu isolierte Pilotprojekte, initiiert von den Anbietern. Darüber wird dann berichtet.

Anlass für den heutigen Artikel in der NZZ am Sonntag ist, dass dieser Roboter während einer Woche «testweise» zum Einsatz kommt. Der Test wurde wahrscheinlich vom Anbieter angestossen, wie fast immer. Entsprechend prominent kann er sich im Artikel äussern.

Der Roboter lässt sich von einer Person via VR-Headset steuern. Das Gesicht dieser Person wird dann in Echtzeit auf den Roboter projieziert. Der Roboter kann sich ausserdem im Raum bewegen und sogar Gegenstände bringen.

Zuerst gab es diesen Roboter, dann wurde nach einer Anwendung gesucht. Das wird hier gut sichtbar und ist ein Klassiker.

Idee ist, dass sich Fachpersonen zu Pflegebedürftigen zu Hause oder Angehörige in Altersheimen remote zuschalten können und die Bewohner:innen ein «Gegenüber» haben, welches sie sogar umarmen können, wenn ihnen danach ist. Führt das zu mehr Besuchen durch Angehörige oder zu weniger Einsamkeit? Ist es ein Beitrag gegen den Mangel an Pflegefachkräften?

👩🏻‍💼 Echte Lösungen lassen sich deutlich liebevoller und wirkungsvoller umsetzen, so meine Überzeugung.

Transportroboter, die etwas bringen, müssen nicht wie ein Mensch aussehen. Es sind Maschinen, die zuverlässig funktionieren sowie von den Betroffenen und Mitarbeitenden leicht bedienbar sein müssen. Das kann ihren Handlungsspielraum erweitern.

Für das Zuschalten aus der Ferne, sei es von Fachpersonen oder Angehörigen, braucht es einen möglichst grossen Bildschirm. Dafür reicht eine Wand im Zimmer, allenfalls ein auf Räder fahrendes Tablet (z.B. Doublerobotics). Solche Lösungen könnten die medizinische Versorgung durchaus verbessern.

Einsamkeit ist ein grosses Thema, leider nicht nur bei älteren Menschen. Solche sozialen Probleme lassen sich mit Technik allerdings nur beschränkt lösen, auch wenn KI-Tools wie ChatGPT bereits für solche Gespräche genutzt werden oder es ab und zu Tests mit «sozialen Robotern» gibt.

Umso wichtiger ist, dass wir in gute Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte investieren und ihre Tätigkeit aufwerten. Sie sollten sich wieder auf das Herzstück ihrer Tätigkeit, die Fürsorge, konzentrieren können. Dann wird es auch wieder einfacher, gute Fachkräfte für diesen Beruf zu begeistern und im Beruf zu halten.

Ziemlich sicher erreichen wir «mehr Menschlichkeit» mit weniger Bürokratie schneller und günstiger als mit dem Einsatz von schlecht gemachten Robotern.

Basis: Artikel in der NZZ am Sonntag vom 11. Mai 2025 (S. 43/44) mit dem Titel: Ferngesteuerte Menschlichkeit

Wer mehr über den eingesetzten Roboter wissen möchte: Roboter Robody von Devanthro